Veranstaltung: Weltbilder der Kunst – Widerstand

Veranstaltung: Weltbilder der Kunst – Widerstand

Eine Ver­an­stal­tungs­reihe der Innen­re­vi­sion Kul­tur­be­trieb fragt nach anti­se­mi­ti­schen Welt­bil­dern in gegen­wär­ti­gen Kunst­dis­kur­sen. Die dritte und letzte Ver­an­stal­tung fin­det am 30.11.2023, 19.30 Uhr in der Fabri­que (Gän­ge­vier­tel) statt.

Nach­dem im Sep­tem­ber 2022 zwei Ver­tre­ter des indo­ne­si­schen Documenta-Kuratorenkollektivs Ruan­grupa eine Gast­pro­fes­sur an der Ham­bur­ger HfbK antra­ten, ist die Aus­ein­an­der­set­zung über die von Ruan­grupa ver­ant­wor­tete anti­se­mi­ti­sche Kunst­schau auch zu einem Streit in Ham­burg gewor­den. Zwar gab es ver­dienst­volle, aber ver­ein­zelte Pro­teste, zurück­hal­tende Ermah­nun­gen aus der Lan­des­po­li­tik sowie einige wenig ergie­bige Inter­views und Ver­an­stal­tun­gen mit den Ruangrupa-Leuten. Ins­ge­samt aber ist von Betrof­fen­heit oder gar (Selbst-)Kritik inner­halb des Ham­bur­ger Kunst- und Kul­tur­be­triebs wenig zu ver­neh­men. Der HfbK-Präseident Köt­te­ring lügt die von ihm initi­ierte Gast­pro­fes­sur rück­bli­ckend zum Aus­lö­ser wich­ti­ger »Lern­pro­zesse« um, gar zum Beginn eines »Dia­logs«: »Zum ande­ren ist durch die bei­den DAAD-Gastprofessoren das Thema Anti­se­mi­tis­mus im Kunst­feld nach Ham­burg getra­gen wor­den, wor­auf wir mit vie­len Ver­an­stal­tun­gen reagiert haben, vor allem mit dem Sym­po­sium. Damit ist es uns seit der docu­menta erst­ma­lig gelun­gen, sehr diver­gente Posi­tio­nen zusam­men und in einen Dia­log zu brin­gen«. Auf die Frage, ob er die Ein­la­dung wie­der aus­spre­chen würde, ant­wor­tete er ent­spre­chend: »Das kann ich wirk­lich mit aller Deut­lich­keit und sehr klar sagen: Ja, unbe­dingt! Denn es ist die Auf­gabe und Pflicht von wis­sen­schaft­li­chen Insti­tu­tio­nen, sich die­sen kom­ple­xen und schwie­ri­gen Dis­kur­sen zu stel­len, um Lern­pro­zesse ent­ste­hen zu las­sen.« Anti­se­mi­tis­mus geht in der Kunst­welt also wei­ter­hin in Ord­nung, so lange man dabei das Gefühl hat, mit irgend­wem im Dia­log zu sein. Woher kommt diese Uner­schüt­ter­lich­keit – auch und gerade jen­seits des offen­sicht­lich unver­bes­ser­li­chen Ruangrupa-Kollektivs?

Um dem auf den Grund zu gehen hat sich in Ham­burg eine „Innen­re­vi­sion Kul­tur­be­trieb“ gegrün­det. In ihr haben sich in Kunst und Kul­tur Tätige zusam­men­ge­schlos­sen, die mit einer Ver­an­stal­tungs­reihe in das beredte Ham­bur­ger Schwei­gen inter­ve­nie­ren wol­len. Die Reihe unter­sucht anhand dreier für den gegen­wär­ti­gen Kunst­be­trieb zen­tra­ler Begriffe – Kol­lek­ti­vi­tät, Wider­stand und Soli­da­ri­tät – über wel­che Ein­falls­tore sich anti­se­mi­ti­sche Welt­bil­der im Kunst­dis­kurs immer wie­der ver­brei­ten können.

Die Reihe wird am 30.11. mit einer Ver­an­stal­tung zu „Wider­stand“ fort­ge­setzt: 19.30 Uhr in der Fabri­que im Gän­ge­vier­tel, Valen­tins­kamp 34a.

Die Redak­tion Untie­fen unter­stützt diese Inter­ven­tion (wie auch der Bag­rut e.V., die Untüch­ti­gen sowie der Textem-Verlag) und doku­men­tiert im Fol­gen­den den Ankün­di­gungs­text der Veranstaltung.


Die femi­nis­ti­sche Revo­lu­tion im Iran oder der ukrai­ni­sche Wider­stand gegen den rus­si­schen Angriffs­krieg. Wider­stand wird mit eman­zi­pa­to­ri­sche Bewe­gun­gen, die für Gerech­tig­keit und Frei­heit und gegen auto­ri­täre oder tota­li­täre Macht­struk­tu­ren kämp­fen, asso­zi­iert. Gleich­zei­tig schaf­fen Wider­stands­be­we­gun­gen auch klare Feind­bil­der, die von inne­ren Wider­sprü­chen ent­las­teDer femi­nis­ti­sche Auf­stand im Iran oder der ukrai­ni­sche Wider­stand gegen den rus­si­schen Angriffs­krieg – Wider­stand wird mit eman­zi­pa­to­ri­schen Bewe­gun­gen asso­zi­iert, die für Frei­heit, Gerech­tig­keit und gegen auto­ri­täre oder tota­li­täre Macht­struk­tu­ren kämp­fen. Gleich­zei­tig schaf­fen Wider­stands­be­we­gun­gen auch klare Feind­bil­der, die von inne­ren Wider­sprü­chen ent­las­ten. Aus einem gerech­ten Anlie­gen kann sich ein manich­äi­sches Welt­bild ent­wi­ckeln: Die Kom­ple­xi­tät der Welt wird in Gut und Böse überführt.

Viele Arbei­ten der Docu­menta 15 nah­men auf kon­krete Wider­stands­be­we­gun­gen Bezug. Auch für die­je­ni­gen, die anti­se­mi­ti­sche Welt­bil­der repro­du­zier­ten, war Wider­stand das zen­trale Motiv. Tat­säch­lich wurde schon der Begriff des Anti­se­mi­tis­mus als Selbst­be­zeich­nung einer Wider­stands­be­we­gung erfun­den. Sie rich­tete sich gegen die ver­meint­li­che Macht und kul­tu­relle Über­nahme Deutsch­lands durch „die Juden“. Anti­se­mi­ti­sche Pogrome wur­den von den Natio­nal­so­zia­lis­ten als eine Form von Wider­stand dargestellt.

Aktu­ell wird die Ter­ror­ak­tion der Hamas gegen Israel am 7. Okto­ber 2023, der größte Mas­sen­mord an Jüdin­nen und Juden seit der Shoah, als Wider­stand für eine gerechte Sache ver­klärt. Das ist nicht nur im Inter­net und auf Stra­ßen­pro­tes­ten über­all auf der Welt zu beob­ach­ten, son­dern auch in Ham­burg. Zahl­rei­che renom­mierte Künst­le­rin­nen und Künst­ler sehen sich an der Seite die­ses ver­meint­li­chen Frei­heits­kamp­fes. Ihre Reak­tio­nen rei­chen von sub­ti­ler Rela­ti­vie­rung bis zur offe­nen Glo­ri­fi­zie­rung des Ter­rors. Auch dar­über wol­len wir im letz­ten Teil unse­rer Ver­an­stal­tungs­reihe reden.

Drit­ter Teil: Wider­stand
30. Novem­ber 2023 – 19:30 Uhr
Fabri­que (Gän­ge­vier­tel)

Es dis­ku­tie­ren:

- Kateryna Mish­chenko (Essay­is­tin, Über­set­ze­rin und Ver­le­ge­rin aus Kiew, ist zur­zeit Fel­low am Wis­sen­schafts­kol­leg zu Berlin), 

- Havîn Al-Sîndy (Künst­le­rin, lehrt an der HBK Braun­schweig) und

- Leon Kahane (Künst­ler, Forum-DCCA)

Eine Ver­an­stal­tung von: FORUM DEMOCRATIC CULTURE CONTEMPORARY ART & Innen­re­vi­sion Kul­tur­be­trieb
Geför­dert von: Bun­des­zen­trale für poli­ti­sche Bil­dung
Unter­stützt von: bag­rut e.V. & Die Untüch­ti­gen & Stadt­ma­ga­zin Untie­fen & Tex­tem Verlag


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