Kühne + Nagel: ›Arisierung‹, Sponsoring und Schweigen

Kühne + Nagel: ›Arisierung‹, Sponsoring und Schweigen

Am 27.11.2022 um 19 Uhr spre­chen wir mit Hen­ning Bleyl über die NS-Geschichte von K+N, ihre Nicht-Aufarbeitung durch Klaus-Michael Kühne, über die Debatte um das ›Arisierungs‹-Mahnmal in Bre­men und um den Kühne-Preis in Ham­burg. Eine Veranstaltungsankündigung.

Kühne ver­dankt sei­nen Reich­tum auch Möbel­trans­por­ten im NS. Er selbst steht gern im Ram­pen­licht, die »unschö­nen Dinge« aus der Ver­gan­gen­heit aber sol­len, geht es nach ihm, lie­ber im Dun­keln bleiben.

Die ursprüng­lich in Bre­men und Ham­burg behei­ma­tete Firma Kühne + Nagel (K+N), heute dritt­größ­tes Logis­tik­un­ter­neh­men der Welt, ist tief in die Ver­bre­chen des Natio­nal­so­zia­lis­mus ver­strickt. 1933 dräng­ten die Inha­ber Alfred und Wer­ner Kühne ihren jüdi­schen Teil­ha­ber, den Ham­bur­ger Kauf­mann Adolf Maass, aus dem Unter­neh­men. Spä­ter pro­fi­tierte K+N von den ›Ari­sie­run­gen‹ in den von Deutsch­land besetz­ten Län­dern: Im Zuge der soge­nann­ten ›M‑Aktion‹ trans­por­tierte K+N im gro­ßen Maß­stab Möbel aus den Woh­nun­gen geflo­he­ner und depor­tier­ter Jüdin­nen und Juden nach Deutschland.

Das Unter­neh­men hat diese Ver­stri­ckung lange ver­schwie­gen und nie auf­ge­ar­bei­tet; der Patri­arch und Fir­men­erbe Klaus-Michael Kühne wehrt sich bis heute dage­gen, seine Familien- und Unter­neh­mens­ge­schichte öffent­lich unter­su­chen zu las­sen. In Ham­burg, wo der 1944 in Ausch­witz ermor­dete Adolf Maass tätig war und wo lange Zeit der Haupt­sitz von K+N lag, erin­nert nichts an die Betei­li­gung des Unter­neh­mens an NS-Verbrechen. Zugleich ist Klaus-Michael Kühne in Ham­burg vor allem als wohl­tä­ti­ger Sport- und Kul­tur­mä­zen bekannt und omnipräsent.

Eines von Küh­nes Pres­ti­ge­pro­jek­ten ist das Har­bour Front Lite­ra­tur­fes­ti­val. Die Kühne-Stiftung war maß­geb­lich an sei­ner Grün­dung betei­ligt, fun­gierte seit­her als Haupt­spon­sor und finan­zierte den jähr­lich ver­ge­be­nen Klaus-Michael Kühne-Preis für das beste Roman­de­büt. Die­ses Jahr zogen zwei der für den Preis nomi­nier­ten Autor:innen ihre Teil­nahme zurück – mit Ver­weis auf die ver­wei­gerte Auf­ar­bei­tung der NS-Geschichte. Diese Rück­tritte sorg­ten Anfang Sep­tem­ber für einen Eklat, der einige öffent­li­che Kri­tik an Kühne nach sich zog, wäh­rend er und seine Stif­tung kei­ner­lei Ver­ständ­nis zeig­ten. Mit dem Rück­zug der Kühne-Stiftung aus der Finan­zie­rung des Fes­ti­vals und der Umbe­nen­nung des Prei­ses wurde die Debatte nach weni­gen Wochen vor­läu­fig beendet.

Die ent­schei­den­den Fra­gen, die der Eklat um den Kühne-Preis frei­ge­legt hat, sind aller­dings immer noch offen. Wir wol­len daher mit etwas zeit­li­chem Abstand zu die­sem Eklat dis­ku­tie­ren: Warum gibt es in Ham­burg kei­nen kri­ti­schen Umgang mit der NS-Geschichte von Kühne + Nagel? Wie könn­ten Erin­ne­rung, Auf­klä­rung und Kon­se­quen­zen aus­se­hen? Wie kann mit Klaus-Michael Kühne als Kul­tur­spon­sor umge­gan­gen wer­den? Wel­che Pro­bleme der pri­va­ti­sier­ten Kul­tur­för­de­rung ste­hen dahin­ter? Und was ist in der im Hin­blick auf diese Fra­gen in der öffent­li­chen Dis­kus­sion um den Kühne-Preis gut gelau­fen, was blieb unterbelichtet?

Vor­trag und Dis­kus­sion mit:

Hen­ning Bleyl, Jour­na­list und Initia­tor des Bre­mer ›Arisierungs‹-Mahnmals

Mode­ra­tion: Redak­tion des Blogs Untie­fen – Das Stadt­ma­ga­zin gegen Ham­burg (www.untiefen.org)

27.11.2022 | 19 Uhr | Semi­nar­raum der Fabri­que im Gän­ge­vier­tel (Valen­tins­kamp 34a, Zugang über Speck­straße) | Ein­tritt frei

Orga­ni­siert in Koope­ra­tion mit der Heinrich-Böll-Stiftung Ham­burg sowie der Rosa-Luxemburg-Stiftung Ham­burg, geför­dert durch die Lan­des­zen­trale für poli­ti­sche Bil­dung Hamburg.