Gegen ein »Kühne-Denkmal« in Hamburg

Gegen ein »Kühne-Denkmal« in Hamburg

Am 2. Sep­tem­ber prä­sen­tierte der Senat die aktua­li­sier­ten Pläne für den Opern­neu­bau in der Hafen­City. Nun hat eine Initia­tive, an der auch wir betei­ligt sind, ein Posi­ti­ons­pa­pier gegen den Opern­bau ver­öf­fent­licht. Wir doku­men­tie­ren hier die Peti­tion und rufen dazu auf, sie zu unter­stüt­zen: für eine demo­kra­ti­sche, geschichts­be­wusste und nach­hal­tige Stadtentwicklung!

Im Februar die­ses Jah­res stell­ten Senat, Kühne-Stiftung und Kühne Hol­ding AG bei einer Pres­se­kon­fe­renz ihren Plan für ein neues Opern­haus auf dem Baa­ken­höft in der Hafen­City vor. Seit­dem ist viel Kri­tik an die­sem Vor­ha­ben und dem unde­mo­kra­ti­schen Ver­fah­ren for­mu­liert wor­den. Den­noch steht zu erwar­ten, dass die Pläne schon bald unver­än­dert der Bür­ger­schaft zur Abstim­mung vor­ge­legt wer­den. In die­sem Posi­ti­ons­pa­pier haben wir die Kri­tik­punkte gebün­delt. Wir laden alle ein, es zu unter­schrei­ben und damit Ein­fluss auf das wei­tere Vor­ge­hen des Senats und der Bür­ger­schaft zu nehmen!

Für eine trans­pa­rente Öffent­lich­keits­be­tei­li­gung! Ob Ham­burg Bedarf an einer neuen Oper hat und wie das letzte freie, für eine öffent­li­che Nut­zung vor­ge­se­hene Grund­stück in der Hafen­City genutzt und gestal­tet wird, soll­ten nicht der Mil­li­ar­där Klaus-Michael Kühne und die Regie­ren­den ent­schei­den, die er für seine Idee gewin­nen konnte, son­dern die Hamburger:innen im Rah­men eines grund­le­gen­den Betei­li­gungs­ver­fah­rens. Das bis­he­rige, völ­lig intrans­pa­rente Ver­fah­ren scha­det dem Ver­trauen in Poli­tik und Demokratie.

Erin­ne­rung und Auf­ar­bei­tung sind keine Wort­hül­sen! Klaus-Michael Küh­nes Logistik-Unternehmen Kühne + Nagel hat im NS mas­siv von »Ari­sie­run­gen« und vom Raub jüdi­schen Eigen­tums pro­fi­tiert – das Raub­gut wurde unter ande­rem am Baa­ken­ha­fen zwi­schen­ge­la­gert. Der jüdi­sche Teil­ha­ber Adolf Maass wurde 1933 geschasst und spä­ter in Ausch­witz ermor­det. Kühne ver­hin­dert die unab­hän­gige Auf­ar­bei­tung die­ser Unrechts­ge­schichte und hält unlieb­same For­schungs­er­geb­nisse unter Ver­schluss. Mit der Oper würde Kühne sich in Ham­burg ein rie­si­ges Denk­mal set­zen, wäh­rend nichts an die aktive Betei­li­gung von Unter­neh­men, Stadt und Bevöl­ke­rung an Ent­eig­nun­gen und »Ari­sie­run­gen« erinnert.

Für die Bewah­rung von Erin­ne­rungs­or­ten! Der Baa­ken­ha­fen war Dreh­scheibe für den Trans­port von Sol­da­ten und Waf­fen für die deut­schen Kolo­nien und ab 1904 für den Völ­ker­mord an den Herero und Nama in der Kolo­nie »Deutsch-Südwestafrika« (heute Nami­bia). Das macht den Baa­ken­höft zum erin­ne­rungs­kul­tu­rell wich­tigs­ten unbe­bau­ten Grund­stück die­ser Stadt. Die­sen bedeu­ten­den Erin­ne­rungs­ort mit einem Opern­ge­bäude zu bebauen, wäh­rend die Stadt Ham­burg nach wie vor kei­nen Gedenk­ort für die Geschichte des kolo­nia­len Völ­ker­mords hat, käme einer Über­schrei­bung der Erin­ne­rung an die Kolo­ni­al­ver­bre­chen gleich und steht im Wider­spruch zu dem Beschluss der Ham­bur­gi­schen Bür­ger­schaft aus dem Jahr 2014, das kolo­niale Erbe Ham­burgs stadt­weit aufzuarbeiten.

Für eine Oper in der Innen­stadt! Das denk­mal­ge­schützte Gebäude der Staats­oper an der Damm­tor­straße ist im Ver­gleich zum geplan­ten Opern­neu­bau in der Hafen­City sehr gut an den Nah- und Fern­ver­kehr ange­bun­den. Außer­dem spielt die Oper eine wich­tige Rolle für die Innen­stadt und belebt sie in Zei­ten, wenn die Geschäfte längst geschlos­sen sind. Ein Gut­ach­ten aus dem Jahr 2020 hat erge­ben, dass die Staats­oper für rund 150 Mio. Euro an heu­tige Anfor­de­run­gen des Opern­be­triebs ange­passt und saniert wer­den kann.

Für kli­ma­freund­li­ches Bauen im Bestand! Ein Neu­bau auf dem Baa­ken­höft würde viele CO2-Emissionen ver­ur­sa­chen. In Zei­ten des Kli­ma­wan­dels soll­ten wir uns gut über­le­gen, für wel­che Zwe­cke wir wirk­lich neu bauen sol­len und was wir bes­ser im Bestand lösen kön­nen. Eine Sanie­rung und Anpas­sung der Staats­oper an der Damm­tor­straße ist umwelt- und kli­ma­freund­li­cher als ein Neu­bau und lässt Platz auf dem Baa­ken­höft für andere Nutzungen.

Die neue Oper ist kein selbst­lo­ses Geschenk! Kühne erhielte mit der Oper ein Denk­mal, für die Stadt ent­stün­den dabei hohe Kosten.In dem Ver­trag mit Kühne-Stiftung und Kühne Hol­ding AG hat der Senat die Stadt dazu ver­pflich­tet, das wert­volle Grund­stück für das Bau­vor­ha­ben zur Ver­fü­gung zu stel­len und die Kos­ten von bis zu 147,5 Mio. Euro für Grün­dung und Hoch­was­ser­schutz des Neu­baus zu über­neh­men. Hinzu kom­men Kos­ten für die Räu­mung des Grund­stücks, die Pla­nung und Her­stel­lung der öffent­li­chen Frei­räume rings um die Oper, den Betrieb und die Instand­hal­tung eines zusätz­li­chen Hau­ses. Die denk­mal­ge­schützte Staats­oper an der Damm­tor­straße müsste trotz Neu­baus wei­ter von der Stadt instand­ge­hal­ten werden.

Nicht noch so ein »Leuchtturm«-Projekt! Die Hafen­City zieht schon heute Mas­sen von Besu­che­rin­nen an, was Bewohner:innen zuneh­mend belas­tet. Unweit der geplan­ten Oper wurde mit der Elb­phil­har­mo­nie erst 2017 nach jah­re­lan­gen Ver­zö­ge­run­gen und Kos­ten­ex­plo­sio­nen eine Sehens­wür­dig­keit fer­tig­ge­stellt. In Sicht­weite des Baa­ken­höfts steht die Bau­ruine des Elb­to­wers, an dem der Senat sich nicht finan­zi­ell betei­li­gen wollte. Nun prüft er die Anmie­tung oder den Ankauf von hoch­prei­si­gen Flä­chen für ein Natur­kun­de­mu­seum, damit das Hoch­haus an den Elb­brü­cken zu Ende gebaut wer­den kann. 

Für eine leben­dige Kul­tur und eine breite Kul­tur­för­de­rung! Die geplante Oper soll Ham­burg zum Anzie­hungs­ort für die »Welt­spitze« der Kul­tur machen. Aber Kul­tur ist nicht Leis­tungs­sport. Eine rei­che Kul­tur­land­schaft zeich­net sich nicht durch Super­la­tive und Star­kult aus, son­dern durch Breite und Vielstimmigkeit.

Erstunterzeichner:innen:

Orga­ni­sa­tio­nen:
anna elbe

Arbeits­kreis Ham­burg Postkolonial

Arca – Afri­ka­ni­sches Bil­dungs­zen­trum e.V.

AStA Hafen­City Uni­ver­si­tät Hamburg

Ber­lin Postkolonial

Bie­le­feld Postkolonial

Bismarck’s Cri­ti­cal Neighbors

Die Linke Hamburg

FSR Stadt­pla­nung der Hafen­City Uni­ver­si­tät Hamburg

FSR Urban Design der Hafen­City Uni­ver­si­tät Hamburg

fux eG

Gän­ge­vier­tel e.V.

Geno­cide and Repa­ra­tive Jus­tice Pur­suits, Nami­bia with a Glo­bal man­date and stewardship

Glo­bal Ova­herero Geno­cide Foun­da­tion, Namibia

Hafen­gruppe Hamburg

Holstenareal-Initiative »knallt am dollsten«

Initia­tive Deco­lo­nize Bismarck

Initia­tive Des­sauer Ufer

Initia­tive Sternbrücke

Inter­na­tio­nal Affairs, NTLA Nama Tra­di­tio­nal Lea­ders Asso­cia­tion, Namibia

Inter­na­tio­na­ler Jugend­ver­ein Ham­burg e.V.

Inter­ven­tion Bismarck-Denkmal Hamburg

ISD Initia­tive Schwarze Men­schen in Deutsch­land Bund e.V.

Kol­lek­tiv LU‘UM

Netz­werk Hafen­City e.V.

Netz­werk Recht auf Stadt Hamburg

No Amnesty on Genocide!/Völkermord ver­jährt nicht!

NTLA Nama Tra­di­tio­nal Lea­ders Asso­cia­tion, Namibia

Online­ma­ga­zin Untiefen

Ossara e.V.

Ros­tock Postkolonial

St. Pauli Archiv e.V.

Ver­ei­ni­gung der Ver­folg­ten des Nazi­re­gimes / Bund der Antifaschist:innen

Will­kom­mens­Kul­tur­Haus der Gemeinde Ottensen

Per­so­nen:

Andrea Gol­ler

Axel Büh­ler

Bea­trix Bursig

Ben­ja­min Hoesch

Chris­tian Kopp

Dr. Joa­chim Zeller

Dr. Yann LeGall

Eck­art Maudrich

Eli­sa­beth Hartmann

Emma Ditt­ler

Frauke Stein­häu­ser

Han­ni­mari Jokinen

Hen­ning Bleyl

Israel Kau­nat­jike

Jan Kawlath

Jochen Rothert

Katha­rina Kohl

Marco Hosemann

Michaela Plog­sties

Michael Joho

Nora Sdun

Prof. Dr. Ulrike Bergemann

Regine Chris­ti­an­sen

Sonja Schwit­ters

Teresa Mat­thies

Theo Bruns

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